ULV.aktuell report, 4. Juni 2005, Bericht von Gert Bachmann
Schallok, Legat, Kdolsky, Weigel, Skalicky, Sassik, Cenker
Der Rektor der TU Wien, der Vorsitzende der Bundessektion Hochschullehrer der GÖD und Funktionäre des UniversitätslehrerInnenverband Österreichs (ULV) versuchten in einer Podiumsdiskusson die Chancen für einen dem Standort Österreich gerecht werdenden Kollektivvertrag für die UniversitätslehrerInnen auszuloten.
Samstag, 4. Juni 2005, Bibliothek des anatomischen Institutes der Medizinischen Universität Wien, Moderation Wolfgang Weigel
Richard Kdolsky (GÖD/BSL, MUW): Gute Verhandlungsvortschritte gibt es derzeit erst auf verbaler Ebene, leider ist wenig Schriftliches vorhanden, es sollte aber jedenfalls möglich sein, bei gutem Willen bis Anfang Oktober ein Teilergebnis zustande zu bringen. Dies ist schon deshalb notwendig, damit diese Personalkosten in den Budgetverhandlungen berücksichtigt werden können. Mehr Geld ist nötig, sonst sind die neuen Verträge zu unattraktiv, siehe Übergangsdienstrecht, Säule 2. Problem: Die Evaluationskultur war bisher schlecht, das kann auch durch Gesetz und Vertrag nicht geändert werden. Sind die Rektoren als Personalmanager überfordert? Nun herscht großes Wehklagen über das UG2002 und dessen krasser Unterfinanzierung auch auf Rektorenseite. Der bereits jetzt sichtbare Braindrain, welcher durch das Übergangsdienstrecht und die Budgetknappheit verursacht wurde, ist wohl auch in sechs Jahren kaum rückgängig zu machen, wenn keine berechenbare Karriere angeboten wird.
Joachim Schallok (ULV Musik und Kunst-Universität Graz): Ein Laufbahnmodell ist an der Kunst wegen den geringeren Zahlen fix Angestellter nicht so kritisch, aber es gibt eine große Zahl von VertragslehrerInnen. Hier müssen atraktive Regelungen her. Nur Professuren kommen zu teuer, darum muß ein Kollektivvertrag her, der auch einen Leistungskatalog und entsprechende Vergütungen beinhaltet.
Peter Skalicky (Rektor, TU Wien): Er ist grundsätzlich nicht für Leistungsvereinbarungen im Kollektivvertrag. Die Unis kann man nicht über einen Kamm scheren. Der Kollektivvertrag ist unbedingt nötig, soll aber nur Mindeststandards festlegen (attraktives Mindestgehalt, Pensionsregelung, Kündigungsschutz, aus) Verknüpfung mit Qualifikationen aber nicht sinnvoll. Abschaffung der Kurien dagegen sinnvoll - manche ProfessorInnen glaube, dass die Berufung eine Qualifikationssteigerung ist - ist es nicht, es ist ein normales Bewerbungsverfahren um eine Anstellung. Aber: ein Tenuretrack sei nicht nötig, das gege es beispielsweise auch bei Siemens nicht, und ist eigentlich mit autonomen UNIs nicht vereinbar. Freie Verhandlungen seien hier vorzuziehen. Die Verknüpfung der Habilitation mit dienstrechtlichen Konsequenzen sei zu hinterfragen, sie führt zu Eigenbrötlertum (jeder sucht sich eine Nische) und verzerrtem Wettbewerb. Die TU will in einer Liga mit etwa ETH Zürich, TU München, Darmstadt u.a. spielen („ganz pack ma´s eh net“): Diese Institutionen sind Spitze, aber nicht weil „der Kollektivvertrag so entzückend ist oder das Schulversuchspraktikum so herzig organisiert“, sondern weil die auf Teufel komm raus publizieren, und deren Budget etwa vier mal so hoch ist wie das der TU Wien. Die Zukunft bringt wohl weniger, aber besser bezahlte Stellen. Personal gebe es an sich genug, Einsparungen sind an vielen Orten möglich. Manche Sparten haben mehr Habilitierte als Diplomstudierende. Kritik am Unirat: Man merkt die Fachfremdheit. Gute Managerqualitäten sind nicht genug Qualifikation zur Lenkung einer UNI. Ad. REKO : Die ist nun nur noch privater Verein, der nicht mehr so gutes Preis/Leistungsverhältnis bietet wie früher, es wird dort nicht mehr über alles Wichtige gesprochen. Manche Unis werden wohl austreten, da zu teuer. Die Politik hat halt gerne nur einen Ansprechpartner, der sagt wie's ist, das stimmt aber nun nicht mehr.
Anneliese Legat (ULV, ZA, Universität Graz): Sie ortet ein großes Bedürfnis der Bediensteten zu wissen, welche Qualifikation was bedingt und - ganz besonders bei Frauen ein höheres Sicherheitsbedürfnis - nämlich Anhaltspunkte zur Karrierenplanung zu haben. Der Kollektivvertrag als Mittel zur Personalordnung sollte hier klare Regelungen vorsehen. Leistung sollte dokumentiert, geregelt und entsprechend honoriert werden. Allerdings krankt es oft an der Umsetzung, und nicht am Gesetz oder dem Vertrag.
Christian Cenker (ULV Österreich, Universität Wien): Er ist erfreut über die Bestrebung einiger Rektoren, die, Kuriengrenzen zu beseitigen. Ein Kollektivvertrag ohne Trennung in diverse Profesorenhierarchien wäre weit einfacher. Di Unis und deren Fakultäten sind sehr unterschiedlich, es hängt sehr stark von den Personen und deren Personalführungs- und Managementqualitäten ab, ob eine freie Gestaltung der Personalentwicklung funktioniert. Darum brauchen wir dringend einen klare Verhältnisse schaffenden Kollektivvertrag als Rahmen. Das Übergangsdienstrecht 2001 war jedenfalls eine Katastrophe für alle Beteiligten. Bisherige Praxis: „Minoritenplatzschleicher“ überdotiert. Nun schleichen die halt wo anders. Solche Binnenkonkurrenz torpediert Kooperationen im eigenen Land.
Herbert Sassik (ULV, GÖD, TU-Wien): Die Unis leben vom hohen Output an Veröffentlichungen und didaktischer Qualifikation, darum muss dies im Kollektivvertrag leistungsbezogen berücksichtigt werden. Solche Schemata gebe es auch in vielen Betrieben - übrigens auch bei Siemens. Österreichweite Integration und Konfliktvermeidung ist nötig. Auf spezielle Situation an den einzelnen UNIs einzugehen sei eine Herausforderung, dies kann aber kein Hindernis zur Abfassung eines Grundmodelles sein. Nur dem freien Verhandeln Tür und Tor zu öffenen, gehe nicht an. Besonders an nicht voll marktfähigen UNIs seien hier Standards nötig, sonst kommen keine guten Leute mehr.
Harald Rindler (Dekan Mathematik, Uni Wien): Momentan sind wegen dieser Planungsunsicherheit keine guten Leute zu bekommen, auch immer weniger Frauen. Viele gute Leute (Olympiasiegerinnen) haben bereits abgesagt! Befinden uns in einer Sch…situation! Angepasste Gehälter je nach Leistung, aber Dauerstellen mit Verlängerung bei guter Qualifikation sind nötig!
Tilmann Reuther (ULV Österreich, Uni Klagenfurt): Durch nicht verlängerbare Kurzverträge werden Egoisten ohne Beitrag zum Bildungswesen erzeugt. Die Unis sollen den Bildungsauftrag nicht vergessen!
Gert Bachmann (ULV, Uni Wien): Die geplante „Eliteuni“ gräbt unterdotierten Unibudgets zusätzliches Wasser ab. Dazu ein Beitrag im Standard.
Wolfgang Weigel (ULV Österreich, Uni Wien): Das Beamtendienstrecht war im Prinzip nicht schlecht, bloß schlampig gehandhabt. Kollektivvertrag kann dies verbessern.