Die UNI ist nicht UNIQA
Über Wirtschaftsstrategien und Universitätsentwicklung
Ein Kommentar von Gert Bachmann
Beschäftigen wir uns anlässlich des Entwicklungsplanes und seiner Diskussion mit einem „common missunderstanding“, der schnellen und pauschalen Kategorisierung der Universitätangehörigen in „innovators, early adopters, reluctants und laggers“. Dem Ökonomen fließt diese Einteilung angesichts von Vorhaben, welche gegen Widerstände durchgezogen werden soll, wie Öl von den Lippen, um nicht kooperationswillige im Vorfeld zu disqualifizieren und dadurch in argumentativen Notstand zu bringen. Die „reluctants und laggers“ werden dadurch in eine Rolle gedrängt, in welcher sie klarlegen müssen, daß sie nicht Rückstand und Trägheit u.dergl. verteidigen, sondern Bewahrenswertes und Wichtiges. Dabei werden die Betroffenen diskreditiert: „ Sie haben den redlichen Diskurs verlassen…“ und die Initiatoren bemühen sich so, die Gegner scheinbar legitim vom inneren Dialog der Produktentwickler auszuschliessen. Dies ist eine Strategie, die bislang in Politik und kompetitiver Wirtschaft an der Tagesordnung war, und bislang Gottlob auf der Universität neben einem auf gegenseitigem Respekt basierenden Disput keinen Platz hatte. Nicht mehr.
Genau diese Strategie wurde bei Abfassung, der Implementierung des UG2002 und bei der Entwicklungsplanung „gefahren“, um das „Produkt“ Uni neu/autoritär „auf Schiene zu bringen“.
In Bank- und Versicherungskreisen ist es üblich, neue Methoden der Motivation zu Krediten und Versicherungen, welche dem Klientel zusätzliches Kapital entlocken sollen, als „Produkt für den Kunden“ anstatt als neue Abzocke, die sie in Wirklichkeit ist, zu bezeichen. Soch semantische Unfärbung von böse zu gut greift nun auch an der UNI Platz. Die feindliche Übernahme freiwerdender Professorenstellen und anderer Institutsbudget, auch deren Lehrekontingente wird als „Reform und Entwicklung“ beziehungsweise „Fokussierung“ oder „Schwerpunktbildung“ bezeichnet.
Eine echte Schwerpunktbildung sähe ganz anders aus. Da gäbe es zunächst den Abschluß eines Kollektivvertrages für die Universitätsbediensteten, sodann eine objektive Erfassung des Potentials (auch der Vermarktbarkeit) und der langfristigen Bedeutung (auch der auf Dauer gewinnlosen Bildungs- und Kulturträger und nachhaltig wichtigen Grundlagenforschung ohne absehbare Monetarisierbarkeit), und erst dann eine Einteilung in Schwerpunkte, welche unmittelbar stark gefördert werden können, und Schwerpunkte, welche vor allem Kontinuität benötigen, weil sie zuvor genanntes kontinuierlich vorbereiten und so bald als möglich ausgebaut werden sollen, und Schwerpunkte, welche das kulturelle und wissenschaftliche Rückgrat der vorgenannten bilden, und solche, welche Kulturträger sind und zumindest gleich dotiert bleiben sollten. All dies kann einer vernünftigen Evaluation anheimgestellt werden. Dann kann eine Bestandsaufnahme vohandener und nötiger Resourcen erfolgen. Das wäre transparente Entwicklungsplanung.
Keinesfalls aber sollte es so weit kommen, in diskussionsverhindernder Hektik und ohne Transparenz nur noch das wenige, das mit dem derzeitigen krass unterdotierten Budget finanzierbar ist und von ambitionierten Lobbyisten im Vorfeld beworben wurde, als Schwerpunkte zu definieren, einiges mit Hungerbudget weiterzuführen und den Rest als „nicht so erfolgreich“ abzuqualifizieren, unterzudotieren und dem Untergang zu weihen. Mitnichten erwarten wir Betriebsblindheit im Sinne eines Defizit- Spending im Geist der 60er Jahre. Aber auch in Mangelsituationen muß klar gesagt werden, was wichtig war und ist und deshalb gefördert und bewahrt werden muß. Es geht nicht an, die formulierten, dem tatsächlichen Reichtum an Fächern, Ideen und Projekten entsprechenden mehr als hundert Schwerpunkte auf dem Papier derart durchsichtig und lobbyistisch zu reduzieren. Man muss klar sagen: das alles wollen und können wir innovativ betreiben, und erwarten deshalb zumindest in ähnlichen Umfang finanziert zu werden wie im Durchschnitt Europas.
Vergessen wir nicht: Das im europäischen Vergleich sowieso unterdotierte Unibudget wurde nach 1999 noch drastischer reduziert und dies wurde nie mehr ausgeglichen. Die Lügen Gehrers, es sei alles nur schlechtes Management, sind entschieden zurückzuweisen. Der leider allzu lahme Widerstand der Rektoren dagegen ist unverzüglich wieder aufzunehmen. Eine Kehrtwendung zum Versicherungs- und Banken- Produktmanagement, wo devot der Wille des Vorstands exekutiert und sprachlich akzeptabel gemacht wird, und daneben die eigenen Schäfchen und die der Günstlinge ins Trockene gebraht werden, ist erschütternd und zeigt demokratischen Handlungsbedarf. Eine solche Selbsthirnwäsche wie sie bedauerlicherweise von den Rektoren mehrheitlich vollzogen wurde, hilft hier gar nicht weiter und ist verantwortungslos. Die UNI braucht mutige ProfessorInnen und nicht abhängige Manager. Vor Dir: Eine demokratisch legitimierte Universität.
Die UNI ist (noch) nicht UNIQA.