Zeilinger sieht Unis viel zu ängstlich
8. November 2005, 10:40
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Proponent des „Austrian Insitute for Advanced Science and Technology“: AIAST wird Druck auf Politik für mehr Forschungsmittel erhöhen
Wien - Der Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger sieht die Positionen der Universitäten im Zusammenhang mit der als „Austrian Institute for Advanced Science and Technology“ (AIAST) geplanten Elite-Universität als „viel zu ängstlich“. „Ich bin überzeugt, dass die Einrichtung einer Spitzeninstitution in Österreich großen Druck auf die Politik ausüben wird, mehr Geld für die Forschung und das ganze System zur Verfügung zu stellen. Das ist kein Nullsummenspiel“, sagte der derzeit in Hamburg weilende Zeilinger am Mittwoch im Gespräch mit der APA.
Die geplante Errichtung einer Elite-Uni in Österreich geht auf eine Idee und einen Vorstoß Zeilingers zurück. Zur Befürchtung, die Finanzierung des AIAST könnte zu Lasten der bestehenden Unis gehen, meinte der Physiker, sowohl Finanzminister als auch Bundeskanzler hätten versichert, dass es sich bei den Mittel für die Exzellenz-Uni um neues Geld handeln werden - „das glaube ich ihnen“. Den Eindruck, dass die bestehenden Unis jetzt schon ausgehungert würden, habe er nicht. „Im Prinzip glaube ich nicht, dass es den Unis so schlecht geht“, sagte Zeilinger.
„Hervorragende Leute sollen Zugang zu den Ressourcen erhalten“
Der Befürchtung, das AIAST könnte Personal von den bestehenden Unis abziehen, entgegnet Zeilinger, dass man Modelle einer engen Vernetzung zwischen bestehenden Exzellenzgruppen und der Elite-Uni entwickeln werde. „Hervorragende Leute sollen Zugang zu den Ressourcen des AIAST erhalten“, skizzierte der Wissenschafter eine mögliche künftige Kooperation zwischen Unis und AIAST. Es dürfe keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben, auch die AIAST-Mitarbeiter müssten einem harten Wettbewerb ausgesetzt sein, an der Elite-Uni „darf es keine gesicherten Mittel geben“.
Nachdem die vom Bildungsministerium einberufene Arbeitsgruppe ihre Tätigkeit beendet und einen Endbericht vorgelegt hat, müsse als nächster Schritt nun ein Gesetz formuliert werden. „Ich würde mich auch freuen, wenn von den bestehenden Unis Ideen kämen, wie man zusammenarbeiten könnte“, sagte Zeilinger. Auch die Standortfrage müsse bald entschieden werden, entsprechende Vorschläge der Bundesländer würden in Kürze erwartet. Dann gehe es darum, die Vor- und Nachteile dieser Vorschläge abzuwägen.
Seitens der Wirtschaft, die ja die Exzellenz-Uni zu einem erheblichen Teil mitfinanzieren soll, würde sich der Physiker „etwas mehr Enthusiasmus wünschen“. Es müsse endlich in Europa eine Kultur des Wissenschaftssponsorings entwickelt werden, wie es sie in den USA gebe, wo man Institutionen „unterstützt, weil sie langfristig wichtig für den Standort sind, und nicht weil man sich kurzfristig Vorteile davon erwartet“. (APA)